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Wie Experten einer Brücke beim «Atmen» zuhören: Mehr als 30 Sensoren lauschen jetzt in die Tiefe der Zirndorfer Brücke

2. Dezember 2025
Die gesperrte Zirndorfer Brücke wird nun durch 32 Sensoren überwacht. Foto: Roland BeckDie gesperrte Zirndorfer Brücke wird nun durch 32 Sensoren überwacht. Foto: Roland Beck

Sogar der testweise Bruch einer Bleistiftspitze lässt auf dem Laptop von Philipp Göbel sofort einen Ausschlag in den Diagrammen anzeigen: Seit rund einer Woche installieren er und seine Kollegen der “Firma Marx Krontal Partner” ein hochsensibles Überwachungssystem an der Zirndorfer Brücke, die seit 14. November 2025 gesperrt ist und als marode gilt.

Insgesamt werden zweiunddreißig Sensoren am Tragwerk angebracht. Allein das macht die wachsende Fragilität der Zirndorfer Brücke deutlich.

Die Messgeräte registrieren selbst minimale Geräusche in den tragenden Elementen der Brücke. Die Experten sprechen von elastischen transienten Wellen, die Rückschlüsse auf Veränderungen in der Konstruktion zulassen.

Die Fachfirma vergleicht die installierten Sensoren mit einem Stethoskop beim Arzt. Über viele hochsensible Messpunkte werde gewissermaßen in das Bauwerk hineingehört. Die Stadt Fürth investiert rund eine Viertelmillion Euro in das System. Ein zentrales Messschrank-Modul bildet das Herzstück der Anlage: Dort laufen die Daten der über die Brücke verteilten Sensoren mithilfe von Kabeln zusammen, gespeichert auf einem Industrie-PC mit Modem und automatisierten Neustart-Mechanismen. Selbst ein Stromausfall löst automatisch eine Meldung aus, damit die Überwachung ohne Unterbrechung fortgeführt werden kann.

Im Fall eines Alarmes greift ein definiertes Protokoll, wie der Leiter des städtischen Tiefbauamtes Rudolf Kucera berichtet. Zunächst prüft die Fachfirma, ob ein realer Schaden oder ein technischer Fehler vorliegt. Bei bestätigter Gefahr folgt eine Alarmkette, die den Bereitschaftsdienst der Stadt, das Straßenverkehrsamt, die Polizei sowie die Schifffahrt informiert. Auch das Staatliche Bauamt wird wegen der Südwesttangente direkt eingebunden.

Die Stadt Fürth betonte, dass die Zirndorfer Brücke nicht mit der teilweise eingestürzten Carolabrücke in Dresden gleichgesetzt werden könne. Dort seien ein anderer Spannstahltyp und eine grundsätzlich andere Bauweise verwendet worden. Die Fachleute sehen daher keinerlei direkte Parallelen.

Der vollständige Abriss der Zirndorfer Brücke ist laut Kucera für 2027 geplant. Grund dafür ist die mehrwöchige Schifffahrtssperre am Main-Donau-Kanal, die im Frühjahr 2027 vorgesehen sei und die idealen Rahmenbedingungen für die Arbeiten schaffe. In dieser Zeit soll der Rückbau eingetaktet werden, da der Kanal ohnehin für Wartungsarbeiten gesperrt ist.

Für Verkehrsteilnehmer bleibt die Situation damit noch eine ganze Weile angespannt. Die Verbindung über den Main-Donau-Kanal wird noch lange Zeit fehlen. Nach Angaben der Stadt habe sich der motorisierte Verkehr jedoch inzwischen weitgehend an die Sperrung angepasst. Zwar habe es zu Beginn vereinzelte Verunsicherungen gegeben, inzwischen verlaufe der Verkehr aber überwiegend stabil. Lediglich zu den morgendlichen Spitzenzeiten seien Staus möglich.