Wenn auf einem Bauernhof im Landkreis Fürth nicht nur Haselnüsse wachsen, sondern auch Strom produziert, Wasserstoff erzeugt und E-Traktoren betankt werden, dann ist man nicht in einem Science-Fiction-Film, sondern in Cadolzburg auf dem Hof der Familie Stiegler. Dort soll all dies in nicht allzu ferner Zukunft möglich werden – sofern etliche Hürden aus dem Weg geräumt werden. Deshalb besuchte der bayerische Wirtschaftsminister und stellvertretende bayerische Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) am Mittwoch den Stieglerhof – und zeigte sich beeindruckt von dem geplanten Projekt, das Landwirtschaft, Energiewende und Hightech vereinen soll. Auch die Landtagsabgeordneten Gabi Schmidt und Barbara Fuchs sowie Landrat Bernd Obst und die Cadolzburger Bürgermeisterin Sarah Höfler waren vor Ort.

Der junge Landwirt Martin Stiegler führt den elterlichen Hof in dritter Generation und denkt Landwirtschaft konsequent weiter. Wo früher Tabak angebaut wurde, stehen heute Haselnussplantagen – und darüber soll demnächst eine sogenannte Agri-PV-Anlage mit lichtdurchlässigen Solarmodulen errichtet werden. Damit gelänge die doppelte Nutzung der Fläche: landwirtschaftliche Erträge unten, klimafreundlicher Strom oben. Doch das Projekt geht weit über Photovoltaik hinaus.
Denn was passiert mit dem Solarstrom, wenn das Netz voll ist? Die Antwort: Er soll vor Ort in Wasserstoff umgewandelt werden. Eine Elektrolyseanlage soll aus Sonnenenergie und Wasser speicherbares Gas herstellen, das dann entweder direkt vor Ort genutzt oder in Fahrzeuge wie Traktoren, Transporter und LKWs eingespeist wird. Aiwanger ließ sich bei seinem Besuch im Ortsteil Gonnersdorf das Vorhaben und den bestehenden Hof zeigen.

Das geplante Projekt steht auf breiten Schultern. Mit an Bord sind renommierte Partner wie die Schaeffler Gruppe, BMW, Fendt, MAN und der Netzbetreiber N-ERGIE. BMW etwa plant ab 2028 ein Wasserstoff-Fahrzeug auf den Markt zu bringen – und sucht jetzt schon nach regionalen Partnern für die Wasserstoffversorgung. Fendt hat seinen elektrischen Traktor E100 Vario präsentiert, der auf dem Hof der Familie Stiegler künftig mit Solarstrom geladen werden könnte. MAN wiederum sieht das Projekt als realitätsnahes Testfeld für wasserstoffbetriebene Nutzfahrzeuge.
Aiwanger, der sich für Technologieoffenheit bei der Energiewende einsetzt, sprach sich bei seinem Besuch erneut dafür aus, Hürden im Netzanschlussrecht und in der Speicherförderung abzubauen. „Wenn wir nicht schneller in die Umsetzung kommen, werden uns andere überholen – etwa die Chinesen mit billigen Elektrolyseuren und Wasserstofffahrzeugen“, so sein mahnender Tenor. Sein Appell: Weg vom ideologischen Gegeneinander von Batterie- und Wasserstofftechnik, hin zu pragmatischen Lösungen vor Ort.

Martin Stieglers Projekt hat mit dem Agri-PV-Konzept und der Wasserstoffintegration nicht nur landwirtschaftliche Relevanz, sondern könnte auch eine Blaupause für mittelständische Betriebe in ganz Bayern sein. Ob der Besuch von Aiwanger das Projekt weiter voranbringen wird, muss sich natürlich erst zeigen.