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Hochmodernes Sicherheitssystem statt geheimer Adresse: Neues Zentrum gegen häusliche Gewalt in Fürth eröffnet

18. Juli 2025 ,
Das Frauenhaus in der Fürther Schirmstraße setzt neue Maßstäbe für Sicherheit und Sichtbarkeit. Foto: Miriam MeingastDas Frauenhaus in der Fürther Schirmstraße setzt neue Maßstäbe für Sicherheit und Sichtbarkeit. Foto: Miriam Meingast

Das Gebäude in der Schirmstraße 11 in Fürth hat eine bewegte Vergangenheit. Der denkmalgeschützte Vierseithof stammt aus dem 18. Jahrhundert und wurde unter großem Aufwand saniert. Nun beheimatet das Haus das neue Zentrum gegen häusliche Gewalt in Fürth. Eigentümer Dr. Andreas Striezel und Dr. Gisela Bolbecher machten es sich zur Aufgabe, das historische Ensemble in ein Zuhause mit Schutzfunktion zu verwandeln. Das Projekt wurde über mehrere Jahre hinweg geplant und mit Unterstützung zahlreicher Handwerksbetriebe umgesetzt. Mehr als 250 Menschen waren daran beteiligt.

Foto: Miriam Meingast

Die zentrale Neuerung des Zentrums: Es handelt sich um ein Frauenhaus mit bekannter Adresse – ein bewusster Bruch mit der jahrzehntelangen Praxis, Frauenhäuser geheim zu halten. Geschäftsführerin Eva Göttlein betonte in ihrer Eröffnungsrede: „Frauenhäuser mit geheimer Adresse lassen sich heute kaum noch schützen – Social Media, GPS-Daten und Überwachungssoftware machen es möglich, Aufenthaltsorte aufzuspüren.“ Stattdessen wurde in ein hochmodernes Sicherheitssystem investiert: Zwei Eingangsschleusen, Videoüberwachung, Vergitterung im Erdgeschoss sowie ein Chipsystem sorgen dafür, dass Sicherheit und Offenheit sich nicht ausschließen. Fotos von den Innenräumen durften daher bei der offiziellen Eröffnung auch nicht gemacht werden.

Raum für Neustart

Im neuen Zentrum finden bis zu zehn Frauen und 14 Kinder Platz. Das Ensemble besteht aus mehreren Gebäuden: darunter ein barrierefreies Haus, ein eigenes Kinderhaus, zwei Wohnhäuser und ein Verwaltungsgebäude mit Beratungsstellen. Ziel ist es, betroffenen Frauen nicht nur Schutz, sondern auch Lebensqualität zu bieten – in freundlichen, großzügigen Räumen und einem begrünten Innenhof mit Solarpanels auf dem Dach.

OB Dr. Thomas Jung bei seiner Rede. Foto: Miriam Meingast

Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung und Landrat Bernd Obst unterstrichen in ihren Redebeiträgen die Bedeutung des neuen Hauses. Beide betonten die gemeinsame Verantwortung der Kommunen und begrüßten, dass Stadt und Landkreis künftig dauerhaft zur Finanzierung beitragen werden – auch durch eine frisch unterzeichnete Kooperationsvereinbarung mit dem Trägerverein. Beide Politiker bezeichneten die bisherige Praxis, Frauenhäuser an den Stadtrand zu verbannen, als „unwürdig“ und sprachen sich klar für zentrale, sichtbare Anlaufstellen aus.

Ein Modell für die Zukunft?

Mit dem neuen Konzept betritt das Fürther Zentrum Neuland in Bayern. Die Kombination aus bekannter Adresse, hoher Sicherheit und umfassender Beratung gilt als Vorbild. Auch das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales lobte in einem schriftlich übermittelten Grußwort die Innovationskraft und Vernetzung des Hauses. Staatsministerin Ulrike Scharf bezeichnete das Zentrum als wichtigen Baustein im Kampf gegen häusliche Gewalt und betonte die Notwendigkeit eines flächendeckenden Hilfesystems – gerade im Zuge des neuen Gewalthilfegesetzes, das ab 2027 in Bayern umgesetzt wird.

Landrat Bernd Obst sprach ebenfalls ein Grußwort. Foto: Miriam Meingast

Die 1. Vorsitzende des Trägervereins, Regina Vogt-Heeren, erinnerte zum Abschluss der Veranstaltung an die Anfänge des Fürther Frauenhauses. 1992 war es mit fünf Plätzen gestartet – viel zu wenig für den Bedarf. Allein im letzten Jahr mussten 168 schutzsuchende Frauen abgewiesen werden. Das neue Zentrum vereint Schutz, Prävention und Beratung unter einem Dach – ein Ort, der Hoffnung schenkt.