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«Armut – mitten unter uns»: Auftakt von «Diakonie und Du» in Fürth rückt Lebensgeschichten in den Mittelpunkt

24. Oktober 2025
Hinter Zahlen und Statistiken stehen Menschen: Bei «Diakonie und Du» schilderten Betroffene an mehreren Stationen offen ihre Erfahrungen mit Armut. Auch Diakonievorstand Stephan Butt (2. v. li.) zeigte sich beeindruckt von den Schilderungen. (Foto: Diakonie Fürth)Hinter Zahlen und Statistiken stehen Menschen: Bei «Diakonie und Du» schilderten Betroffene an mehreren Stationen offen ihre Erfahrungen mit Armut. Auch Diakonievorstand Stephan Butt (2. v. li.) zeigte sich beeindruckt von den Schilderungen. (Foto: Diakonie Fürth)

Stille auf den Stühlen, als die erste Betroffene erzählt, wie aus zwei Geschäften Insolvenz wurde und aus einem dichten Freundeskreis Einsamkeit. Die Diakonie Fürth hat Mitte Oktober ihr neues Format «Diakonie und Du» mit dem Thema Armut eröffnet – und dabei Berichte von Menschen in den Vordergrund gestellt, die im Alltag oft übersehen werden. Im Gemeindehaus der Auferstehungskirche führte Stephan Butt, Vorstand für Soziale Dienste der Diakonie Fürth, mit einem Impuls in den Abend ein.

Armut sei in der täglichen Arbeit allgegenwärtig – ob in der Schuldner- und Insolvenzberatung, im Projekt «kulturplus» mit kostenlosen Tickets für Kultur- und Sportveranstaltungen oder in der Kirchlichen Allgemeinen Sozialarbeit, hieß es. «Häufig wird schon in der Kindheit der Grundstein für die Altersarmut gelegt», sagte Butt. Armut sei mehr als ein Mangel an Geld, sie zeige sich auch im Ausschluss vom gesellschaftlichen Leben.

Entscheidungen, die Arme betreffen, würden häufig ohne deren Beteiligung getroffen. Aufgabe der Diakonie sei es, Menschen zu bestärken, ihre Rechte wahrzunehmen und «überhaupt erstmal eine Chance auf eine Chance zu bekommen». Statt Zahlen standen Lebensläufe im Fokus.

An mehreren Stationen berichteten Betroffene von Erfahrungen mit steigenden Lebenshaltungskosten, von Scham, von Kontaktverlusten und von dem Versuch, Alltag zu bewältigen. Eine Frau, die nach Krankheit und Insolvenz inzwischen von Grundsicherung lebt, schilderte, wie sehr sie neben finanziellen Engpässen vor allem der Verlust sozialer Beziehungen belaste.

Geflüchtete aus der Ukraine sprachen über Dankbarkeit für Unterstützung und zugleich das Gefühl, in der neuen Umgebung nicht richtig dazuzugehören. «Wir fühlen uns emotional verarmt, weil wir unsere Heimat verlassen mussten», lautete ihr Resümee. Die Gespräche machten deutlich, dass Armut Würde, Teilhabe und Gemeinschaft berührt.

«Armut beginnt dort, wo Menschen vergessen werden», fasste die Diakonie die Quintessenz des Abends zusammen. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von Sina Liebel. Das Format «Diakonie und Du» soll nach Angaben der Organisatoren weitere sozial relevante Themen aufgreifen, die sowohl die Arbeit der Diakonie als auch die Lebensrealität vieler Menschen in Fürth betreffen.