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Vom Hoffnungsträger zum Insolvenzverfahren: Dataform aus Roßtal stellt Antrag auf Sanierung

11. Mai 2025 ,
Blick in eine der Lagerflächen von dataform. Foto: Roland BeckBlick in eine der Lagerflächen von dataform. Foto: Roland Beck

Was einst als wirtschaftlicher Hoffnungsträger im Gewerbegebiet Buchschwabach galt, steht sechs Jahre nach einem umstrittenen Bürgerentscheid vor einer ungewissen Zukunft. Die dataform dialogservices GmbH mit Sitz in Roßtal hat Insolvenz angemeldet. Das Amtsgericht Fürth bestellte mit Beschluss vom 7. Mai 2025 den Nürnberger Sanierungsexperten Patrick Meyerle von der Kanzlei PLUTA zum vorläufigen Insolvenzverwalter.

Bereits 2019 hatte die geplante Erweiterung des Gewerbegebiets Buchschwabach für erhebliche Diskussionen in der Marktgemeinde gesorgt. Auf dem Spiel stand die Ansiedlung von dataform auf einer Fläche von rund 150.000 Quadratmetern. Während Grüne, Bund Naturschutz und Anwohner eine Bürgerinitiative gegen das Vorhaben gründeten, warben Gemeindevertreter mit der Aussicht auf neue Arbeitsplätze. Am Ende stimmten mehr als 3.000 Bürger für das Projekt – bei einer Wahlbeteiligung von knapp 48 Prozent.

Der neue Standort der dataform im Gewerbegebiet Buchschwabach wurde im Jahr 2021 eröffnet. Nach dem Spatenstich im Juni 2020 und einer Bauzeit von etwa 15 Monaten bezog das Unternehmen die neuen Räumlichkeiten.

Darlehensausfall zwingt zu schnellem Handeln

Trotz bestehender Aufträge und guter technischer Infrastruktur musste dataform nun vor wenigen Tagen den Insolvenzantrag stellen. Grund ist der kurzfristige Ausfall eines zugesagten Gesellschafterdarlehens, wie aus einer Mitteilung der Kanzlei PLUTA hervorgeht. Das Unternehmen, das auf Fulfillment-Dienstleistungen und Dialogmarketing spezialisiert ist, konnte die dadurch entstandene Finanzierungslücke nicht aus eigener Kraft überbrücken.

Ein Fulfillment-Dienstleister übernimmt für andere Unternehmen alle Schritte, die nach einer Bestellung nötig sind, damit ein Kunde seine Ware erhält. Dazu gehören das Lagern von Produkten, das Verpacken der Waren, das Versenden an die Kunden (z. B. über Paketdienste wie DHL oder DPD), sowie in vielen Fällen auch die Retourenabwicklung, wenn Kunden etwas zurückschicken.

Statt ein eigenes Lager und Versandpersonal zu betreiben, lagern viele Firmen diese Aufgaben an Fulfillment-Spezialisten wie dataform aus. Deshalb galt dataform als eine Art Amazon von Roßtal.

Dialogmarketing wiederum ist eine Form des Marketings, bei der Unternehmen direkt mit ihren Kunden oder potenziellen Kunden kommunizieren – oft persönlich und individuell. Dazu gehören Mailings (Briefe oder Postkarten mit personalisierten Angeboten), E-Mails mit direkter Ansprache oder der Katalogversand – dataform übernimmt dabei unter anderem den Druck, die Personalisierung und den Versand solcher Werbematerialien – oft für große Firmen, die viele Kunden gleichzeitig ansprechen wollen.

Aktuell wird der Geschäftsbetrieb nach Angaben der Rechtsanwaltskanzlei mit rund 230 Mitarbeiter in vollem Umfang weitergeführt. Die Löhne und Gehälter sind über das Insolvenzgeld abgesichert. Auch die Kundenbetreuung und Auslieferung laufen wie gewohnt weiter.

Sanierung mit Investor gesucht

Laut PLUTA-Anwalt Patrick Meyerle gibt es bereits erste Interessenten für eine mögliche Übernahme. Ziel ist es, den Betrieb langfristig zu erhalten und eine wirtschaftlich tragfähige Lösung zu erarbeiten. Unterstützt wird Meyerle von einem erfahrenen Sanierungsteam.

„Obwohl das Verfahren noch am Anfang steht, haben wir bereits positive Signale aus dem Markt“, so Meyerle. Die kommenden Wochen sollen genutzt werden, um eine strukturierte Investorenlösung anzustoßen und das Unternehmen zu stabilisieren.

Späte Wendung im Gewerbegebiet

Der Fall dataform ist auch aus kommunalpolitischer Sicht brisant. Die Erweiterung des Gewerbegebiets war jahrelang ein Zankapfel – besonders wegen der fehlenden Anbindung an Schiene oder Autobahn und der Belastung durch zusätzlichen Lkw-Verkehr. Dass ausgerechnet das Unternehmen, das einst für die Entwicklung des Standorts stand, nun Insolvenz anmelden musste, dürfte die Kritiker von damals in ihrer Skepsis bestärken.